Dürrenmatt um Rat gefragt

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Hallo ihr Lieben!

Ich habe euch vor kurzem verraten, dass ich bedingt durch meinen Umzug in eine Zwangsschreibpause gegangen bin. Mein Roman lag brach, obwohl ich zuvor ziemlich gut voran gekommen war. Und wie das eben so ist, wenn man einmal raus ist… Es kommen Zweifel auf. Nicht an der Idee, doch es ist schwer, die Puste zu behalten. Nach zwei Jahren Arbeit stehen 60 Seiten des ersten Entwurfs. Ich bin noch weit davon entfernt, auch nur die Hälfte geschafft zu haben. Ich bewundere Menschen, die es schaffen, neben einem Brotjob produktiv zu sein, auch noch Autor zu sein. Mir erscheint es, als leide ich die gesamte Zeit an einer mich unmöglich zerstreuenden Krankheit. Denke ich darüber nach, weiß ich, dass es keine Krankheit, sondern eine Ausbildung ist. Ups.

Doch natürlich lässt man sich nicht unterkriegen, wenn man denn nur will. Und da ich mich kenne, weiß ich mittlerweile auch ganz gut, wie ich mich aus solchen Löchern raus ziehen kann: Ich frage den guten alten Dürrenmatt.

Friedrich Dürrenmatt (1921-1990, „Besuch der alten Dame“, „Die Physiker“) ist einer der Autoren, der mich am stärksten geprägt hat. Ich bewundere seine Fähigkeit, das absolut Absurde zu fassen. Seine Geschichten, seine Stoffe beweisen pures Genie.
Zu meinem Glück habe ich vor Jahren auf der Leipziger Buchmesse einen Biografischen Bildband über F. D. ergattern können, das gute Stück ist der Katalog einer einstigen Ausstellung „Friedrich Dürrenmatt – Schriftsteller und Maler“ des Kunsthauses Zürich. Es enthält etliche Briefe, Erinnerungen und Kommentare von Dürrenmatt selbst, aber auch von Weggefährten.

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Buch Cover „Friedrich Dürrenmatt – Schriftsteller und Maler“

Dieses Buch ist mir seit dem Kauf eine zuverlässige Inspirationsquelle, doch dieses Mal ging ich weiter: Ich suchte nach Dürrenmatt – Interviews auf Youtube. Ich muss mich noch immer daran gewöhnen, dass meine Autoren – Idole des letzten Jahrhunderts auch auf dieser Plattform existieren, sie also nicht nur mit der ihnen von mir in meinem Kopf zugeteilten Stimme (die der meinen erschreckend ähnelt) sprechen, sondern sie eine eigene Stimme haben, ja dass es sie nicht nur als schwarze Tinte auf weißem Papier gibt, sondern sie tatsächlich Lebewesen aus Materie waren, die sich bewegten.

Ich kann die Reportage „Autoren erzählen“ sehr empfehlen, sowie das Interview „Wie entsteht ein Drama?“.
Ich will nun nicht alles daraus wieder geben, doch zwei Punkte Dürrenmatts ausführen, die mir genau den richtigen Schub gegeben haben, um wieder mit voller Kraft zu schreiben.

  1. Dürrenmatts Art zu schreiben. Sicherlich auch der Zeit geschuldet, schrieb er seine ersten Entwürfe per Hand. Mit Bleistift. Dann Tippte seine Sekretärin das auf Schreibmaschine ab (Neid!) und DANN ging die Bastelei los. Mit Schere und Kleber sitzt der alte Dürrenmatt da, schneidet aus, klebt auf, fügt Sätze ein und seziert so seinen Text. Wieder und wieder. Und mit jeder Überarbeitung steht weniger des Textes auf dem A4 Blatt, um genügend Raum für den Feinschliff zu bieten. Dieses Arbeiten fasziniert mich ungemein. Ich bin sowieso ein Handschreiberling und (wie der Blogname schon verrät) arbeite auch gerne mit der Schreibmaschine. Dennoch hat mich diese zur Perfektion gewordene Routine dazu inspiriert, diese Arbeitsweise auszuprobieren. Ich bin gespannt, ob es taugen wird.
  2. Dürrenmatt schrieb Geschichten parallel. Seiner Ansicht nach benötigt jede Geschichte ein Gegenstück. Die beiden Geschichten vervollkommnen sich, regen sich an, nehmen mitunter sogar Bezug aufeinander. Das ist mit Sicherheit eine Arbeitsweise, die nicht für jeden passend sein wird. Mir jedoch fiel es wie Schuppen von den Augen. Ich habe mich immer gezwungen, nie zwei größeren Projekte nebeneinander laufen zu haben, da ich glaubte, so weder zu hundert Prozent in der einen, noch in der anderen Geschichte zu stecken. Ich zwang mich, mich zu fokussieren. Doch letztlich brachte mir das nur Frustration. Steckte ich in der Handlung fest, weil sich mir ein Strang noch nicht vollkommen offenbart hat, bin ich halb wahnsinnig geworden. Ich wollte schreiben, doch wie, wenn ich nicht die Antwort auf meine Frage hatte. Dadurch entstanden viele übellaunige Abende. Hinzu kommt auch, dass mir die Stimme, die ich im Roman nutze, nicht in jedem Moment voll und ganz zusagt. Den Roman betreffend schon, aber nicht mich betreffend. Ich brauchte ein zusätzliches Ventil. Als ich nun also D. so reden hörte, wurde mir klar, wie recht er hat und dass ein zweites Projekt genau das ist, was ich brauche.

Und dann passierte das, wofür ich das Autor sein so liebe. Mein Innerstes wusste plötzlich, was ich zu tun hatte (ein zweites Projekt) und in welcher Arbeitsweise dieses umzusetzen sei. Und wie mit einem Fingerschnippsen offenbarte sich mir die Erzählung, an der ich nun schon ganz fleißig arbeite. Das sind die mir heiligen Momente meines Tuns.

Vielleicht konnten euch Dürrenmatts Tipps auch ein wenig anregen, oder ihr sitzt mit einem Schmunzeln da, weil ihr euch an euren eigenen Aha-Moment erinnert, den ihr vielleicht auf ähnliche Weise hattet.
In jedem Fall werdet ihr bald von meiner Erzählung zu hören bekommen, doch fürs Erste soll es reichen.

Würde mich freuen, wenn ihr dann wieder hier seid 😉

Liebste Grüße sendet euch
eure Luna!

2 Gedanken zu “Dürrenmatt um Rat gefragt

  1. Hallo Schreibmaschinchen,
    Dein Post gefiel mir ganz gut: es ist schon so, manchmal kann man sich mit Tricks und Schummeleien wieder in die Motivation navigieren, gell! Bin ja schon mal gespannt auf deine Geschichte: Hast du sie vielleicht schon publiziert und ich habe sie noch nicht gesehen? Alles Gute!

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    1. Danke, das freut mich!
      Ein bisschen muss man sich selbst manchmal austricksen^^
      Nein, ist noch in Arbeit…
      Vielen Dank, dass du hier vorbei geschaut hast , schöne Grüße an dich!

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